Die Provinz Moldowa beherbergt die sogenannten Moldauklöster, von denen acht Kirchen und Klöster zum Unesco Weltkulturerbe gehören. Das Kloster von Voronet liegt in der Nähe unserer Route und wir nehmen den kleinen Umweg gerne in Kauf. Es lohnt sich.
Die Gastfreundschaft ist aber nach wie vor beeindruckend. Wir halten abends im Dunkeln vor einem Laden, der noch beleuchtet ist und ein Mann spricht mich an: „Hablas espanol?“ Ich bejahe dies, wohl wissend, dass meine echte Spanischpraxis etliche Jahre zurückliegt. Aber es funktioniert. Der Mann ist schon etwas lustig angetrunken und schlägt spontan vor, bei ihm zu übernachten, doch er müsse erst mal noch seine Frau fragen. Er telefoniert und man merkt trotz Sprachbarriere, dass es ein wenig Überredungskunst kostet, die Gattin davon zu überzeugen, zwei wildfremde Reisende abends nach zehn Uhr zu sich nach Hause zu nehmen. Sie will uns zuerst sehen und ein paar Minuten später ist sie da, um uns in Augenschein zu nehmen. Wir sind anscheinend vertrauenswürdig genug und so folgen wir ihnen für wenige Minuten bis zu ihrem Haus, das an der Hauptstraße liegt. Die Körpersprache der beiden spricht Bände: er ein Bär von Mann, sie klein und zierlich und doch gibt es eine klare Ansage ihrerseits, während er etwas bedröppelt neben her trottet.
Wir kommen zu ihnen in den Hof, parken die Trikes wie seinerzeit Old Shatterhand seinen Mustang in der Scheune und gehen in´s Haus. Sie leben zu dritt mit ihrer kleinen Tochter in zwei Zimmern, haben Wasser nur vom Brunnen und wir schlafen in dem Raum, der gleichzeitig Küche und Wohnzimmer ist. Er bietet uns noch etwas zu Essen an und mehr aus Neugierde als wegen Hunger probieren wir und sind von seinem würzigen Hühner-Paprika-Eintopf schlicht begeistert. Müde und spät geht´s in´s Bett und sehr früh müssen wir wieder raus aus den Federn. Er muss um 5 aus dem Haus und will uns dann doch nicht mit Frau und Tochter alleine lassen. Wir bedanken uns ob der spontanen Großzügigkeit und vor allem ob des Vertrauens, das die beiden uns Fremden entgegengebracht haben. Noch vor Sonnenaufgang sind wir wieder unterwegs und radeln in den heller werdenden Morgen hinein.
Die Landschaft im Osten Rumäniens wird zusehends flacher und wir fahren wieder durch großartige Ebenen mit kleinen Dörfen, ruppigen Straßen und interessanten Einblicken in das tägliche Leben der Menschen. Wir halten zur Mittagspause in einem Dorf am Brunnen und nach und nach kommen einige Kinder vorbei, erst ein Mädchen alleine, dann mit Freundin und als es mehrere sind, kommen wir in´s Gespräch und spielen mit ihnen Ball.
Eines Abends halten wir für eine kurze Brotzeit vor der Einfahrt eines Hauses und werden wieder einmal nett hereingebeten zu Kuchen, Wein und – wer hätte es gedacht – Pflaumenschnaps. Die Häuser mit ihren fröhlichen Farben, den Einfahrten, die mit Wein überwachsen sind und den oft schön geschmückten Toren sind eine schöne Kulisse beim Fahren. Doch hinter der Fassade tut sich nun eine kleine Welt auf, die man gar nicht vermutet hätte. Hinter dem Haus gibt es Ställe für verschiedene Rassen von Hühnern und Kaninchen, es wachsen Obstbäume und der Gemüsegarten geht über in einen Weinberg, der auf einem knappen Hektar Cabernet-Reben beherbergt. Alles scheint perfekt aufeinander abgestimmt und der Hausherr sagt, er exportiere seine Produkte bis nach Polen.
Die nächste Nacht verbringen wir wieder bei netten Leuten, einem jungen Paar, die sich gerade ein Haus in den Hügeln über der ostrumänischen Stadt Iasi bauen. Wir fahren mit Mühe die steilen Schotterstraßen nach oben und müssen gegen Ende sogar einige Meter schieben. Der Blick von oben reicht dann aber weit über das dunkel werdende Land bis hinüber nach Moldawien, das wir am nächsten Tag erreichen wollen. Als wir am Haus ankommen werden wir von vielstimmigem Gebell empfangen, das von den 5 (!) adoptierten Straßenhunden stammt, die glücklicherweise angeleint sind. Im Haus ist noch bei weitem nicht alles fertig, doch mit der Phantasie und Geschick haben die beiden es richtig wohnlich gestaltet: Die noch nackten Betonböden sind mit Teppichen bedeckt, die von der Oma gewoben wurden, das warme Wasser kommt aus Sonnenkollektoren und auch der Strom wird solar erzeugt.
Wir sitzen abends gemütlich beisammen, ratschen über Gott und die Welt und sind beeindruckt, was die beiden sich da aufbauen. Motiviert und gestärkt geht´s am Morgen weiter, erst entlang der rumänisch-moldawischen Grenze und bald auch in Abita zum Grenzübergang. Rumänien verabschiedet sich mit süßen Kirschen und der Erinnerung an liebenswerte, gastfreundliche Menschen. Schönes Land.